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AutorenbildRuedi Beck

FLOWING

Der Alltag als nicht zu meisternde Herausforderung. Dabei gehörte Arbeit zum referenzierten Zeitpunkt nicht einmal zu meinem Leben. Ich war zu 100% krank geschrieben. Dennoch kam ich alleine nicht durch den Tag. Ich war gelähmt. Nicht physisch. Aufgrund einer Depression. Rückblickend kaum vorstellbar. Obwohl ich es selbst erlebt habe. Wie sollen es nicht betroffene verstehen können? Wohl gar nicht. Und das ist OK. Die Situation würde massiv entspannt, könnten dies beide Seiten akzeptieren. Nicht, dass es vorkommt. Sondern, dass man es als Aussenstehende/r nicht verstehen kann. Klingt einfach. Ist es überhaupt nicht. Für beide Seiten.

Ich habe ein enormes Glück, auf ein einzigartiges Umfeld zählen zu dürfen. Ausserordentlich viel Kraft und Verständnis wurde aufgebracht, um mich zu unterstützen. Mich zu stützen. So viel, dass es als Aussenstehende/r nicht nachvollziehbar ist, woher diese Kraft und dieses Verständnis genommen werden konnten. Dafür bin ich unendlich dankbar. Es gibt Vertrauen. Alleine hätte ich es nicht geschafft. Trotz diesem wunderbaren Umfeld verbrachte ich sechs Wochen in stationärer Behandlung. In einem klar strukturierten Klinik-Alltag. Ausser an verschiedensten Therapien teilzunehmen, musste ich nichts. Nur sein. Etwas bleibt mir besonders in Erinnerung. Der Versuch, die Negativspiralen unserer Gedanken zu durchbrechen. Mit diesem Ziel erzählten wir im kleinen Rahmen von erlebten Flow-Momenten. Wovon ich erzählte, ist klar. Oder? Natürlich vom Klettern. Auf dem Fahrrad. In anderen Worten: Vom Erklimmen kilometerlanger Aufstiege. Vornehmlich im Süden Frankreichs. Frei aus meinen Erinnerungen rezitiert, klang das etwa so:

Die Einfahrt in eine Steigung. Du stehst auf. Gehst aus dem Sattel. In den Wiegetritt. So nimmst du den Schwung aus der Fläche mit. Das Gewicht weit nach vorne verlagert. Der ganze Körper unterstützt den Tritt. In einer nicht beschreibbaren Bewegungsabfolge. Schlangenartig. Dann sitzt du ab. Nimmst die Kletterposition ein. Nur noch die Beine drehen. Der Oberkörper wird stabil. Tief. Arme angewinkelt. Ein kompaktes Paket. Getragen vom Rumpf. Kaum Last auf den Händen. Die Trittfrequenz hoch. Du fährst mit Souplesse. Nicht mit Kraft. Ein paar tiefe Atemzüge. Dann hast du den Rhythmus gefunden. Diesen behältst du über Stunden bei. Du hörst wie der Asphalt unter deinen Rädern vorbeizieht. Die Geräusche, die ein gutes Fahrrad macht, wenn es die Luft durchschneidet. Wie ein Segelflieger. Die Bewegungsabläufe sind repetitiv. Trotzdem achtest du bei jeder Pedalumdrehung auf eine optimale Ausführung. Du atmest tief. Nimmst die Gerüche der Natur auf. Lavendel. Pinien. Meer. Spürst die Sonne auf der Haut. Den kühlenden Wind. Du wirst Eins mit der Natur. Schweiss durchnässt die Kleider. Ob du damit in einen Pool springst, oder bei 30°C einen Pass befährst, macht bald keinen Unterschied mehr. Über Nase und Unterarme fallen immer grössere Schweisstropfen auf dein Fahrrad. Auf die Strasse. Regelmässig wechselst du zurück in den Wiegetritt. Verhinderst eine zu lange Belastung der Muskelgruppen. Stunden vergehen im Flug. Plötzlich erreichst du den Gipfel. Oft abgelegene Orte. Mit unglaublicher Weitsicht. Du spürst Beine und Lunge. Du hast dich der Herausforderung "Berg" gestellt. Sie bewältigt. Du wirst von einem Gefühl durchströmt, welches schwer in Worte zu fassen ist. Ehrfurcht? Demut? Stolz? Freiheit? Glück? Wahrscheinlich ist von allem etwas dabei. Jedenfalls fühlt es sich wunderschön an. Als ob das nicht gut genug wäre, folgt auf den Anstieg meist eine Abfahrt. Das Gefühl, welches in diesen Momenten in den Vordergrund rückt, ist einfacher zu beschreiben. Es ist eine Mischung aus Aufregung, Freiheit und Freude.

Auf dem Fahrrad komme ich sofort in einen Flow-Zustand. Rennradfahren hat etwas äusserst meditatives für mich. Es gibt mir Kraft. Es macht mich frei. Es holt mich zurück auf den Boden. Manchmal durch einen Sturz. Meist braucht es diesen dafür aber nicht. Das Foto entstand im Rahmen eines Video- und Fotoshootings für SCOTT Sports. Per Zufall an einem Ort, an dem ich über 10 Jahre meine Herbstferien verbracht habe. An einem Aufstieg, an dem ich seit Kindesalter unzählige Flow-Momente erleben durfte. Schicksal? Schicksal. 🚴‍♂️ @ruedibeck 📷 @flofatton for @bikeonscott #cyclingmyway #ridetogrow #outsideisfree #optoutside #clippedinandfree #opentheroad #fromwhereiride #lifebehindbars #cyclinglife #nextlevel #cyclingtips #cyclingshots #goneriding #cyclingswitzerland #viewslikethese #skivelocenter #justbikeit #scottaddict #bestcyclingstyle #bikeonscott #keepexploring #neverstopexploring #gcninspiration #gcn #scottbikes #swisscyclingfamily #fastandfemalesui #ridelots #roadporn

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